
Wenn ein Rotmilan vorbeifliegt, schreiben Julien Otoul und sein Team in Belgien mehr als nur den Namen der Art auf: Was macht der Vogel? Jagt er, transportiert er Nistmaterial oder Nahrung? Und vor allem: Woher kommt er und wohin fliegt er? Dies sind wichtige Informationen für die ornithologische Kartierung. Doch mit herkömmlichen Anwendungen kann man in der Regel nur den Namen der Art zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten geografischen Punkt erfassen. Das Digitalisierungsteam von CSD INGENIEURE hat daher kurzerhand eine Lösung zur Kartierung der Vogelwelt entwickelt. Die Daten können nun viel genauer als zuvor erfasst werden - und das mit weniger Aufwand. Über 10.000 Beobachtungen wurden bereits über die Anwendung aufgenommen. Die Daten sind georeferenziert und stehen in Echtzeit im Geografischen Informationssystem (GIS) zur Verfügung.
Wir haben über diese neue Entwicklung mit Léo Ficheux, Analyst GIS und Digitalisierung, und Julien Otoul, Umweltingenieur und Leiter der Abteilung für Biodiversität in Namur, gesprochen.
Léo, du hast diese Anwendung zusammen mit dem Digitalisierungsteam entwickelt. Als Umweltingenieur kennst du gleichzeitig die Bedürfnisse vor Ort sehr gut. Wie ordnest du die Entwicklung der Anwendung in diesen Bereichen ein?
Léo Ficheux: Dieses Projekt ist ein schönes Beispiel dafür, was digitale Lösungen leisten können: Standardisierung von Informationen, Qualität der Felderfassung, plattformübergreifende Integration.... Vor allem aber sind das Zuhören und das Verständnis für die Bedürfnisse der Spezialist:innen entscheidende Faktoren für den Erfolg eines Projekts. Man muss vorausschauend arbeiten, und es ist sehr hilfreich, Erfahrung in diesem Bereich zu haben, um passende Vorschläge machen zu können und die Erwartungen seitens der Expert:innen zu erfüllen. In diesem Sinne war die gute Zusammenarbeit mit dem Team von Julien Otoul ein Schlüsselelement für die Entwicklung der Anwendung.
Welches Potenzial hat die Digitalisierung im Bereich der Umwelttechnik?
L. F.: Die Möglichkeiten mit den heutigen Werkzeugen sind großartig. Natürlich gibt es die Datenerfassung mithilfe von Smartphones, Drohnen und Fernerkundung, die die Praxis im Feld deutlich verbessert haben. Aber man muss sich vorstellen, dass die Informationen in ein umfassenderes System eingebettet sein müssen, zu dem Analyse, Interpretation und Reporting gehören. Wir denken unsere digitalen Lösungen ganzheitlich und so, dass wir die Grenzen und Trägheiten aufbrechen, die sich aus traditionelleren Methoden ergeben. Und da gibt es natürlich noch viel zu tun!
Können wir uns also auf weitere Entwicklungen aus eurer Ideenschmiede freuen?
L. F.: Natürlich! Wir haben ständig ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Branche, sei es für «kleine» Entwicklungen oder umfangreichere Projekte. CSD INGENIEURE ist ein multidisziplinäres Büro, man muss also bei den Lösungen, die wir täglich einbringen, flexibel sein können. Die Nachfrage ist groß und wir freuen uns darauf, die tägliche Praxis zu verbessern, wie wir es bei dieser Entwicklung in Belgien tun konnten.
Kartierungsdaten während einer Erhebung: Flugbahnen von Greifvögeln (Mäuse- und
Wespenbussard, Sperber, Milane) und punktuelle Erfassung anderer Arten
Julien, inwiefern unterscheidet sich die Anwendung von herkömmlichen Anwendungen wie ObsMapp/iObs oder Naturalist, die auch Amateure kennen?
Julien Otoul: Bei den meisten aktuellen Lösungen können Daten nur in Form von Punkten eingetragen und mit begrenzten Informationen versehen werden. Mit unserer Lösung haben wir die Möglichkeit, zum Beispiel Flugbahnen (in Form von Polylinien) oder auch Jagdreviere von Raubvögeln (in Form von Polygonen) zu zeichnen. Mithilfe von Eingabeformularen können auch umfassendere Informationen zu jeder Beobachtung eingegeben werden. Die Daten werden direkt in einer sicheren Cloud gespeichert und sind in Echtzeit als GIS-Datei (Geographisches Informationssystem) abrufbar.
Kann die Anwendung auch skaliert, in andere Bereiche übertragen werden?
J. O.: Ja, es ist geplant, sie so anzupassen, dass auch andere Artengruppen wie Amphibien, Fledermäuse, Pflanzen usw. kartiert werden können.
Welche Vorteile hat eine solche Anwendung für Deine tägliche Arbeit?
J. O.: Die Anwendung erhöht vor allem die geografische Genauigkeit der gesammelten Daten und spart Zeit und Komfort, da es nicht mehr nötig ist, handschriftlich beschriftete Papierkarten im Büro zu digitalisieren, wie es früher der Fall war. Alle Daten sind standardisiert, wodurch nutzerbedingte Unterschiede vermieden werden. Neben den Produktivitätsaspekten sind auch die qualitativen Verbesserungen wertvoll.
Die App ist somit ein hervorragendes Beispiel für unsere digitalen Lösungen im Bereich der Umwelttechnik und eines der zahlreichen Projekte unseres Digitalisierungsteams!